Sind Streamer einkommensteuerpflichtig?

by msk


Streaming-Plattformen wie YouTube oder Twitch sind heutzutage einem wahren Hype ausgesetzt. Immer mehr Menschen bieten online Let’s Play’s live oder auf Abruf an, in denen sie zeigen, was sie können und damit andere Spieler erreichen, die sich Skills und Strategien zu eigen machen wollen. Die meisten unter ihnen machen das als Hobby, um eine gewisse Zuschauerschaft anzusprechen, zu unterhalten und vielmehr ihnen selbst einen neuen Anreiz zu schaffen, ein Spiel zu spielen und zu präsentieren – denn Streaming macht Spaß und die Interaktion mit anderen Menschen macht ein Spiel noch erlebnisreicher. Andere wiederum tätigen dies in Vollzeit und sichern so angeblich ihren kompletten Lebensunterhalt. Letztere Gruppe monetarisiert die eigene Leidenschaft, ihr Hobby, ihre ursprüngliche Freizeit. Was sich erst einmal absurd anhört, ist heute Usus. Viele Streamer müssen nebenher einfach nicht mehr arbeiten. Dieses ist durch Premium-Partnerschaften, Affiliate-Programme und vor allem auch Spenden von Zuschauern möglich.
Aber gibt es dabei auch Hürden? Es stellt sich in folgendem Beitrag die Frage, wie das Streaming steuerlich behandelt wird und worauf man womöglich achten sollte, wenn man eine gewisse Größe mit seinem Kanal erreicht hat. Obwohl ich kein Steuerrechts-Experte bin, möchte ich unter anderem ganz simpel Licht ins Dunkle bringen bezüglich Begrifflichkeiten und Themen wie Gewerbe; Einkommenssteuer; Steuerfreigrenzen; Nebentätigkeit; Spenden/Schenkung oder Regelungen für minderjährige Streamer.

Von der Pike auf...

Viele Streamer sehen in ihrem Tun eine schnelle und simple Möglichkeit, Geld zu verdienen. Einfach ein paar Links setzen, einen Spendenbutton über PayPal einrichten und einfach nur zocken. Viele sind sich nicht bewusst, welche Auswirkungen aber Monetarisierungstools auf Twitch oder anderen Streamingplattformen für das persönliche Verhältnis zum Finanzamt haben. Mitunter kann man damit schnell auf die Nase fallen. Vorab sei deshalb erwähnt, dass sich bei einer bestimmten Professionalisierung der Gang zum Steuerberater in vielen Fällen nicht vermeiden lässt und darüber hinaus auch uneingeschränkt zu empfehlen ist. Vor allem im Internet läuft man oftmals Gefahr, gefährlichem Halbwissen in Onlineforen oder im Stille-Post-Verfahren ausgesetzt zu sein und mitunter Probleme zu bekommen, weil man z.B. sein Einkommen fälschlicherweise nicht vollständig angegeben hat.
Fangen wir also mal ganz pauschal mit einem normalen Arbeitnehmer an, der hobbymäßig ab und zu nebenbei seinen Stream im Internet anschmeißt und dabei mit Leuten interagieren möchte. Es ist fraglich, ob er sodann einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sind nämlich vom ersten Cent an steuerpflichtig. Grundsätzlich dürfte man dies bejahen können. Es besteht jedoch eine Ausnahme. Das Streamen könnte nämlich unter bestimmten Voraussetzungen als selbstständige Nebentätigkeit angesehen werden. Nebentätigkeiten sind im Allgemeinen solche Tätigkeiten, die parallel zur Hauptbeschäftigung ausgeübt werden und nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer Vollzeitstelle einnehmen. Der Inhalt der Nebentätigkeit ist vorerst egal und muss nichts mit seinem richtigen Job zu tun haben. Wer also als Bürokaufmann 30 Stunden/Woche tätig ist und nebenbei CS:GO für maximal 10 Stunden/Woche streamt, tut letzteres in der Funktion einer Nebentätigkeit. Fraglich ist in diesem Kontext dennoch die steuerliche Beurteilung. Nebeneinkünfte bis 410 EUR/Jahr sind steuerfrei. Bei Nebeneinkünften, die über 410 Euro, aber unter 820 Euro liegen, wird ein Differenzbetrag versteuert. Bei Nebeneinkünften ab 820 Euro greift die volle Steuerpflicht. Der Knackpunkt hierbei wird aber die On-Air-Zeit sein. Denn 10 Stunden/Woche sind für einen Stream dann doch recht wenig. Der normale Streamer wird meist über diese Zeit kommen. Eine Nebentätigkeit dürfte also in den meisten Fällen von vorn herein ausscheiden.
Und was ist nun, wenn ich gar keinen Job habe? Dann gilt auch die normale steuerliche Freigrenze von 8.820 EUR für Alleinstehende (Stand 2017). Dieser Betrag setzt das Existenzminimum fest. Grundsätzlich ist dies die anerkannte Summe für den Grundbedarf eines Menschen für das Überleben. Steuerfrei heißt in dem Sinn aber nicht, dass ihr eure Einkünfte aus eurem Kanal verschleiern dürft, weil ihr ja sowieso unter der Grenze liegt. Es muss alles angegeben werden! Bezieht jemand darüber hinaus HARTZ IV, so werden die Einkünfte aus dem Streamingbetrieb natürlich auch damit verrechnet und da HARTZ IV-Gelder als Einkommen zählen, muss auch hier die steuerliche Freigrenze beachtet werden. Es sollte also immer alles angegeben werden, da man sonst eines Morgens böse überrascht werden kann.

Gewerbliche Tätigkeit

Viele sind der Meinung, dass das Streamen von zu Hause eine private Entscheidung ist und man dort lediglich seine Freizeit nutzt, um zu spielen und andere daran teilhaben lässt – ähnlich wie ein Straßenmusiker auf der Straße Musik spielt, weil er entweder nichts anderes zu tun hat oder ein gewisses Publikum eine Freude machen möchte. Jedoch ist dies von einer gewerblichen Tätigkeit abzugrenzen. Wer seinem Twitch-Kanal überhaupt keine Monetarisierungsmaßnahmen aussetzt und im Schnitt nur wenige Zuschauer hat, der hat auch keine gewerbliche Eigenschaft vorzuweisen, sondern spielt wirklich nur hobbymäßig im Internet und präsentiert sein Voranschreiten dabei auch Dritten. Für alle anderen kommt aber der § 15 EStG in Betracht. Ein Gewerbe betreibt man dann, wenn eine selbstständige nachhaltige Betätigung vorgenommen wird, die darüber hinaus auch die Eigenschaft der Gewinnerzielungsabsicht im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr aufweist. Auf Deutsch bedeutet dies, dass wenn ihr einen Twitch-Kanal einrichtet und klar zu erkennen gebt, dass ihr daran interessiert seid, etwas zu verdienen, eine Gewinnerzielungsabsicht bestünde. Dazu reichen meiner Meinung nach bereits Affiliate-Links oder das Einrichten eines Spendenbuttons aus, um eine Gewinnerzielungsabsicht zu begründen. Dabei spielt es ferner auch keine Rolle, ob euer Tun letztendlich auch profitabel bzw. gewinnbringend ist oder nicht. Es muss lediglich auf Zeit absehbar sein, dass Gewinne entstehen können. Mit dem Streaming tätigt ein Streamer eine nachhaltige, selbstständige Tätigkeit, da das Präsentieren der Spielinhalte auf eigene Faust nicht nur einmalig ausgeführt wird. Dadurch dass diese Tätigkeit, Leuten online zu unterhalten, öffentlich angeboten wird, wird auch in Konkurrenz mit anderen Streamern über eine bestimmte Plattform am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Die Gewinnerzielungsabsicht wird im Zweifel immer bejaht werden können, auch wenn ihr nicht wirklich was verdient. Eine Liebhaberei kommt meines Erachtens nicht in Frage. Infolgedessen betreibt der Streamer einen ertragsteuerlichen Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 2 EStG, welcher zu Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt.

 

Was heißt das nun in der Praxis für Streamer? Jeder einzelne Streamer mit einem Spendenbutton müsste nach den genannten Kriterien ein Gewerbe anmelden. Ich behaupte einfach mal, dass dem aber nur ein minimaler Bruchteil der Streamer nachkommen. Dieses macht aber nur dann wirklich Sinn, wenn eure Einnahmen so gering sind, dass das Finanzamt dies sowieso vernachlässigen würde. Im anderen Fall hängen die Kosten der Gewerbeanmeldung von eurem Wohnort bzw. vom zuständigen Gewerbeamt ab und können stark schwanken. In Berlin beispielsweise sind bei der Anmeldung eines Einzel-Gewerbes mit einem Gesellschafter einer Personengesellschaft (was mitunter jeder normale Twitcher sein dürfte) 26 EUR beim Bezirksamt zu entrichten. Auch ein Online-Verfahren ist dabei möglich.

 

Die gewerbliche Tätigkeit ist dennoch von der steuerlichen Bewertung abzugrenzen.

Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht bei Spenden

Wie bereits geklärt wurde, reicht bereits das Einrichten eines Spenden-Buttons aus, um eine Gewinnerzielungsabsicht auf seinem Kanal zu begründen. Fasst man alle gewerblichen Einkünfte des Streamings zusammen, bilden die Spenden der Zuschauer für die meisten Streamer einen nicht unerheblichen Teil der Gesamteinnahmen.
Dabei soll folgend genau auf die Begrifflichkeit eingegangen werden. Reden wir nämlich im Volksmund von Spenden, so denkt jeder sofort an einen steuerlichen Freifahrtsschein, weil die Leistung ja freiwillig erfolgt und nicht etwa, weil ich speziellen Content auf meinem Kanal biete oder Sonderleistungen anpreise, wenn der Zuschauer mehr Geld „spenden“ würde.
Das Einkommenssteuergesetz kennt inhaltlich einen solchen Spendenfall aber nicht. Laut Bundesfinanzhof sind lediglich solche Spenden steuerbegünstigend (also als steuermindernde Sonderausgaben zu deklarieren), die eine freiwillige Zuwendung für einen religiösen, wissenschaftlichen, gemeinnützigen, kulturellen oder politischen Zweck beinhalten – z.B. die übliche Spende an eine karitative Einrichtung oder die Partei seines Vertrauens. Das Streaming jedoch fällt unter keine dieser Einrichtungen, da es eine freiwillige wirtschaftliche Betätigung darstellt, die nichts mit einem Gemeinnützigkeitszweck o.ä. zu tun hat. Auch im Zivilrecht ist die Begrifflichkeit der Spende unbekannt. Dort gibt es lediglich den Begriff der Schenkung. Jetzt könnte man annehmen: ‚Ja klar, der Begriff trifft zu, denn ich schenke ja dem anderen Teil mein Geld. Einfach so.‘ So leicht ist es jedoch nicht. § 516 BGB besagt, dass eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, dann eine Schenkung ist, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt – ohne konkrete Gegenleistung also. Mit dem Einrichten eines Spenden-Buttons liegt hier dennoch kein einseitiges Rechtsgeschäft vor. Denn der Spender erhält unabhängig von der Höhe seiner Spende eine Gegenleistung in Form von Unterhaltung – ob er will oder nicht. Ohne dieses Unterhaltungsangebot würde er erst gar nicht auf den Spenden-Button kommen, da er den Stream sonst mit großer Wahrscheinlichkeit nicht besuchen würde. Eine Schenkung würde demnach nur vorliegen, wenn es den Stream gar nicht gäbe. „Spenden“ sind somit auch steuerbar als Betriebseinnahmen § 8 Abs. 1 EStG und sind im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern. Zieht man jetzt abermals den schon oben getroffenen Vergleich zum Straßenmusiker heran, so lässt sich daraus schließen, dass auch der Straßenmusiker den Tatbestand der Gewinnerzielungsabsicht dann erfüllt, wenn er Geld für seine Musikdarstellung nimmt.  Er wird damit entweder gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte nach § 15, 18 EStG haben. Welche Art der Einkünfte er dort hat, ist abhängig davon, ob er selbst künstlerisch schaffend tätig wird und eigene Lieder präsentiert oder nur fremde Lieder nachträllert. Nur wird diesen steuerlichen Umständen kaum ein Straßenmusiker nachgehen. Ähnlich ist es auf der Spielwiese Twitch – vermute ich zumindest. Lustig oder?
Ein weiterer Vergleich, der oftmals angestellt wird, ist der des Trinkgelds bei Kellnern – sozusagen ein Barkeeper-Vergleich. Man erbringt eine Leistung (Getränke mixen; Streaming) und erhält on top neben den Hauptleistungspflichten eine weitere Nebenleistung (Trinkgeld; Spenden). Das Trinkgeld ist steuerrechtlich in § 3 Nr. 51 EStG geregelt. Demnach sind dies steuerfreie Gelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Streamer sind allerdings in der Regel keine Arbeitnehmer (anders wäre es bei Anstellung in einem Streaming-Unternehmen á la rocketbeans.tv), weshalb es schon an der Nichtselbstständigkeit scheitert. Aus diesem Grund ist die Einnahme von Trinkgeldern ist bei den meisten selbstständigen Streamern für ihre Leistung grundsätzlich zu erwarten gewesen, weshalb diese steuerrechtlich nicht als Trinkgelder gewertet werden können.

Minderjährige Streamer

Etwas komplizierter wird es bei minderjährigen Streamern. Mittlerweile sehe ich relativ häufig beschränkt geschäftsfähige Streamer auf Twitch munter mit Spendenbuttons um sich schießen. Kaum im Stimmbruch – schon am Geld kassieren. Grundsätzlich muss man vorab sagen, dass Minderjährige in Deutschland kein Unternehmen gründen dürfen. Doch wie sieht es bei einem selbstständigen Gewerbe aus? Ein Gewerbe anmelden und damit gewerblich tätig werden kann ein Minderjähriger nur dann, wenn sowohl der Erziehungsberechtigte als auch das Familiengericht dieser Tätigkeit zustimmen. Damit erlangt der Minderjährige dann die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit für alle Belange dieses Gewerbebetriebs. Das Familiengericht wird die Zustimmung in der Regel davon abhängig machen, ob (berufs-)schulische Leistungen nicht beeinträchtigt werden und ob der Minderjährige überhaupt von der Reife in der Lage ist, die Tragweite seines unternehmerischen Handelns und seiner Konsequenzen voll zu erkennen. Prinzipiell wird das unter 16 Jahre nur schwer möglich sein. Entscheidungsträger können dann auch schon mal bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres brauchen, um ein Urteil zu fällen. Es empfiehlt sich somit, einfach zu warten und mit 18 durchzustarten, ehe man sich unnötig behördlichen Wartezeiten und erweiterten Umständen aussetzt. Somit ist speziell bei minderjährigen Streamern darauf zu achten, nicht gewerblich tätig zu werden. Das soll auch ein Appell an die Eltern unter euch sein.

FAZIT

Für viele Streamer wird die beschriebene Thematik Neuland sein. Umso mehr hoffe ich, ein wenig Licht ins Dunkle gebracht zu haben, ohne die Thematik großartig rechtlich breitgetreten zu haben. Kleiner Tipp von mir: Vertraut nicht allen Inhalten im Internet – Stichwort: ‚gefährliches Halbwissen‘. Vielerorts steht Mist und der Besuch beim Steuerberater (die Erstberatung ist meist kostenlos) wird sich bei solch sensiblen Themen immer lohnen. Des Weiteren freue mich auf Feedback oder Anregungen in den Kommentaren.


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Kommentare: 3
  • #1

    Julian (Mittwoch, 17 Juli 2019 14:58)

    Super Beitrag, hat mir sehr geholfen. Leider sind was dieses Thema angeht wirklich nur sehr schwammige Informationen zu finden und es ist wirklich schwer präzise Details zu erhalten. Ist bis jetzt der hilfreichste Thread gewesen.

  • #2

    Moritz (Samstag, 21 Dezember 2019 18:13)

    Wie sieht es denn mit Schenkungen aus?
    Gerade wenn man mit dem Streamer/in unabhängig des Streams befreundet ist?

    Muss der dann obwohl ich vllt gar nicht den Stream sehe das normal wie eine "Spende" im Stream versteuern?
    Und wie sieht das aus, wenn ich sowohl den Stream sehe als ihn auch privat kenne und eine Schenkung nicht über den "Spenden" Button im Stream mache?
    Und könnte ich vllt als Zuschauer auch eine Steuerfreie Schenkung machen innerhal des Freibetrags(wenn ich das nicht über den Spendenbutton sondern über meinen Steuerberater z.B. mache)

  • #3

    msk (Samstag, 22 Februar 2020 16:22)

    Danke euch! Ich war etwas länger "inaktiv", deshalb sorry für die verspätete Antwort, die euch vllt. noch hilft.

    @Moritz: Die Voraussetzungen der Schenkung im zivilrechtlichen Sinne nach § 516 BGB sind relativ klar. Der Schenker und der Beschenkte müssen sich über die Schenkung einig sein und die Schenkung muss unentgeltlich, also ohne Gegenleistung erfolgen. Wenn ihr euch einig seid, dass du ihm Geld schenken willst, dürfte das kein Problem sein. Dies entspricht ja i.w.S. auch der Annahme, dass man nicht gewerblich tätig ist, wenn man einen Stream unter Freunden abhält. Ansonsten - speziell wenn der Stream monetarisiert ist und eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, dürfte es aus meiner Sicht bei o.g. Kriterien bleiben, da das Steuerrecht keine Freunde kennt. ;) Im Zweifel würde ich hier aber immer den Steuerberater des Streamers zurate ziehen!