Produktplatzierung auf Twitch

by msk


Sind Verstöße gegen Richtlinien für Produktplatzierungen Kavaliersdelikte? Im folgenden Blog möchte ich euch ein paar grundlegende Dinge zur Kennzeichnung und Darstellung von Werbung auf telemedienähnlichen Plattformen wie YouTube oder Twitch mit auf den Weg geben.

Wer bewirbt was?

Nicht nur auf YouTube sind Blogger, die bestimmte Produkte testen und vorführen, ziemlich angesagt. Gerade in der oftmals belächelten Beauty-Welt gibt es zahlreiche, zum größten Teil weibliche Blogger, die die neuesten und trendigsten Produkte bekannter oder noch unbekannter Marken den Zuschauern ausgiebig vorstellen. Ob im TV oder im Kinosaal – jeder weiß, dass das Veranschaulichen von Produkten bestimmter Marken dabei grundsätzlich strengen gesetzlichen Regeln unterliegt. Oftmals ist auch die nicht unerhebliche Abgrenzung zwischen der Produkthilfe, der Produktplatzierung und der oftmals synonym verwendeten Schleichwerbung unklar und muss genau definiert werden.


Auch auf Twitch halten solche Produktplatzierungen immer mehr Einzug. Große Streamer lassen sich beispielsweise neue Peripheriegeräte liefern, nur um diese dann live vor tausenden Zuschauern zu testen und ihr Urteil abzugeben. Dabei wird ohne Scham die neueste Technik dem zum Teil noch sehr jungen Publikum unter die Nase gerieben. Bei einigen Kanälen bekommt man das Gefühl, dass das „Let’s Play“ schon längst zweitrangig geworden ist und man doch eher Teil einer Dauerwerbesendung ist, da Produkte vorgestellt werden, die mit dem Spiel überhaupt nichts mehr zu tun haben.

Einige rechtliche Grundlagen

Doch welchen rechtlichen Rahmen unterliegt eine solche Produktplatzierung überhaupt? Wann gilt eine solche Darstellung als illegale Schleichwerbung? Die Grenzen sind beim normalen Menschen oftmals unklar. Eben jener Mensch dürfte sich aber sehr wohl schon darüber Gedanken machen können, ob er ein eigens gekauftes und offensichtlich dekadent gebrandetes T-Shirt während des Streams tragen darf. Oder ob man andererseits, wie oftmals im Fernsehen zu sehen ist, seine Getränke abkleben muss, falls diese vor die Linse gehalten werden.


Kennzeichnungsregeln für Werbung und Produktplatzierung sind im Gesetz an verschiedenen Orten definiert. Vereinfacht gesagt müssen Werbung und Teleshopping gemäß §§ 58 Abs. 3 i.V.m. 7 Abs. 3 RStV als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein. Speziell Produktplatzierungen stellen nach  § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV die gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung dar. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist. Die Abgrenzung zur Produkthilfe wird im voranstehenden Satz deutlich. Denn Produkthilfe meint unentgeltliche Platzierungen wie eben jenes T-Shirt. Und diese sind eben nicht kennzeichnungspflichtig. Schließlich kann man nicht erwarten, dass sich jeder im neutralen weißen T-Shirt vor die Kamera begibt. Erhält man für das Tragen des Shirts allerdings eine hohe finanzielle Zuwendung (Maßstab: 1% der Programmaufwendungen und eine Überschreitung von 1.000 EUR), liegt wieder eine Kennzeichnungspflicht vor.


Aber „Halt Stopp!“, sagen wir uns. „YouTube und Twitch sind doch kein Fernsehen!“ Gelten dann diese Regeln überhaupt auf der Spielwiese Internet? Dieses kann man ganz kurz beantworten – wie im Eingangssatz schon beschrieben nämlich mit einem klaren Ja! § 58 Abs. 1 RStV sieht entsprechend für fernsehähnliche Telemedien vor (Twitch und YouTube sind wohl als fernsehähnlich anzusehen, auch wenn dies noch nicht von der Rechtsprechung entschieden worden ist), dass Werbung klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein muss. Somit sollten wir uns analog zu den Vorschriften für Fernsehen und co. an jene Regelungen halten.

Wer ist nun in der Praxis kennzeichnungspflichtig?

Die wie bereits schon erwähnten Beauty Blogger sind grundsätzlich nicht kennzeichnungspflichtig, sofern die präsentierten und vom Hersteller für den Produkttest zur Verfügung gestellten Kosmetikartikel den o.g. Wert von 1.000 EUR nicht überschreitet und die Inhalte des Videos aus freien Stücken gestaltet wurden.


Und etwa Peripheriegeräte auf Twitch? Entscheidend bei der Bewertung, ob mein Kanal auf Twitch oder YouTube kennzeichnungspflichtig ist, sind dabei die Faktoren,


a) ob in einem Beitrag ein Produkt oder eine Dienstleistung werblich hervorgehoben oder
b) ein Beitrag durch eine Marketingaktion redaktionell beeinflusst wurde.


Diese Faktoren sind immer einzelfallabhängig. Ein kleiner Kanal eines neuen Twitchers wird mitunter schneller durch die kostenlose leihweise Überlassung einer Gamingmaus redaktionell beeinflusst werden, als ein Kanal mit über 10.000 unterschiedlichen Zuschauern am Tag. Verändert der durch die Leihe entstehende Vorteil entweder die Tatsache, ob überhaupt über diese Maus berichtet wird oder die Art und Weise, in welcher Art der Streamer darüber berichtet, bedarf es eindeutig einer Kennzeichnung. Es ist dabei auch immer auf die Abgrenzung zur Werbung abzustellen. Wenn ich von meinem eigenen Geld ein Spiel oder eine Maus kaufe und diese auf Twitch oder YouTube präsentiere, liegt keine Werbung oder eine Produktplatzierung vor, da ich mich aus freien Stücken dazu entschieden habe, dieses Spiel zu käuflich zu erwerben und dann zu präsentieren. Erst wenn eine Gegenleistung (z.B. eine Bezahlung oder ein geldwerter Vorteil) vorliegt, spricht man von Werbung.

Schleichwerbung? Schleich dich!

In diesem Kontext steht auch der Begriff der Schleichwerbung. Eine illegale Schleichwerbung liegt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG i.V.m. § 4 Nr. 3 UWG  immer dann vor, wenn Werbung und redaktioneller Inhalt miteinander vermischt werden, ohne dass dies kenntlich gemacht wird (die Regelungen dazu sind sehr stringent, analog s. Rundfunkstaatsvertrag) und somit zu einer Irreführung beim Zuschauer führt.


Daher empfiehlt es sich, Produkte mit Werbecharakter genau zu kennzeichnen und dazu dem praktischen Leitfaden der Landesmedienanstalten, der für Laien sehr leicht zu verständlich gehalten ist, zu folgen. Schließlich erwartet ihr selbst als Zuschauer auch die nötige Transparenz, wenn jemand mit Produkten Dritter wirbt und euch diese schmackhaft machen möchte. Das gilt übrigens auch für Unternehmer, die ihre eigenen Produkte auf ihrem Kanal bewerben möchten (wie z.B. Flying Uwe mit „Neosupps“ oder BibisBeautyPalace mit „bilou“). Schleichwerbung kann nämlich auch dann vorliegen, wenn man für seine eigenen Produkte (z.B. für Proteinpulver) wirbt, ohne dafür eine Gegenleistung von einem Fremden erhalten zu haben und dieses auch nicht kennzeichnet. Denn schließlich ist man ja selbst Geschäftsführer. Doch auch dann unterliegt man der Kennzeichnungspflicht und muss stets auf das Trennungsprinzip achten. Der Zuschauer muss aktiv mitbekommen, wer hinter dem Produkt steht. Eine Verschleierung dessen, nur um ein Produkt anzupreisen, ist fahrlässig und kann für den Influencer teuer werden.


Verstöße gegen die ungekennzeichnete Schleichwerbung werden von den Landesmedienanstalten bei YouTube oder Twitch dennoch bislang kaum verfolgt. In der Theorie drohen Abmahnungen von Wettbewerbern und damit einhergehende Unterlassungserklärungen i.H.v. einigen tausend Euro oder aber gar Bußgelder bis zu 50.000 EUR. Flying Uwe wurde erst kürzlich zu 10.500 EUR verdonnert. Dies dürfte – gemessen an dem Medienhype und der damit verbundenen „kostenlosen“ Werbung für ihn und seine Unternehmen – ein Tropfen auf dem heißen Stein sein und seine Position als Influencer nur noch weiter festigen. In der Praxis ist es darüber hinaus auch oft so, dass die Verträge zwischen Unternehmen und Kanalbesitzer oder Netzwerken meist geheim bleiben und daher Schleichwerbung schwer nachzuweisen ist. Vielmehr sollte an Wahrheit, Klarheit und Transparenz appelliert werden, um eigene Glaubwürdigkeitsverluste zu vermeiden.

Spezielle Fälle der Praxis

Giveaways: Bei der Live-Verlosung von bspw. Hardware auf Twitch bedarf es grundsätzlich keiner Kennzeichnung, wenn der Gewinn kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde oder man als Giver sogar selbst dafür gezahlt hat. Aber auch hier sollte der nicht werbliche Charakter im Vordergrund stehen, da sonst die Gefahr einer Schleichwerbung entstehen kann. So sollte der Hersteller und der Wert des Preises nicht überschwänglich oft erwähnt werden. Außerdem sollte die Gewinnspielsatzung der Landesmedienanstalten eingehalten werden.


Affiliate-Links: Bewirbt man Produkte in seiner Info-Box oder Bio mit Affiliaten, so ist das als Werbung anzusehen. Diese ist kennzeichnungspflichtig. Es sollte also im Anschluss an die Links immer ein Hinweis gegeben werden, dass der Streamer pro Klick mitverdient.

 

Ausstatterhinweise: Ähnlich wie bei Moderatorenkleidung können auch Streamer ihre gestellte Hardware, Gamingstühle oder Bildbearbeitungsprogramme nennen. Solange man kein Geld dafür bekommt, sind auch diese Hinweise nicht kennzeichnungspflichtig.


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Kommentare: 3
  • #1

    Absche (Samstag, 15 Juli 2017 13:57)

    Da hast Du Dich ja noch mehr in's Zeug gelegt als bei Deinen anderen Beiträgen. Meine Tochter schaut gerade viel hippen YouTubern zu. Da werde ich mir das mal kritisch anschauen...

  • #2

    msk (Samstag, 15 Juli 2017 14:32)

    Hehe danke dir! Und schön, dass es gefällt!

    Speziell jüngere Menschen sollen dadurch geschützt werden und das finde ich auch gut so. Für meinen Geschmack sind die Kennzeichnungen noch viel zu schwammig und es könnten ruhig häufiger Medienanstalten wie im Fall Flying Uwe durchgreifen und zur Kasse bitten. Eine hohe Followerschaft trägt auch immer eine gewisse Sorgfaltspflicht mit sich.

  • #3

    Absche (Samstag, 15 Juli 2017 17:42)

    Immerhin hat es Julien Bam offiziell von seinem YouTube Kanal in die Fanta-Werbung geschafft. Die Werbewirtschaft hat das Potential auf jeden Fall erkannt.