Das Visum bei (E-)Sports-Events

by msk


Die globale Sport– und Medienwelt wächst und wächst. Immer mehr Sportler sind darauf angewiesen, außerhalb ihres Heimat- und Trainingslandes an diversen Turnieren teilzunehmen, um erfolgreich sein zu können und Beachtung zu finden. Schon lange reichen nationale Meisterschaften nicht mehr aus, um sich mit den Besten zu messen. Nimmt man den Branchenprimus „Fußball“, so erkennt man Tendenzen, die dem traditionellen Fan nicht gefallen dürften. Der Sport wird mehr und mehr kommerzialisiert und um Ziele von Veranstaltern und Funktionären gerecht zu werden, wird die sportliche Leistung über die Landesgrenzen hinaus in eigens kreierten Ligen präsentiert, um mehr Absatzmärkte zu erreichen und das Produkt attraktiver zu machen. Dies tut nicht nur den Verbänden gut, sondern auch den Geldbeuteln der Spieler.
Doch benötigt der Spieler nicht eine Aufenthaltsgenehmigung sowie eine Arbeitserlaubnis, wenn er von Land A in Land B reist und an einem Turnier teilnimmt?

EU-Staatsangehörige

EU-Bürger benötigen aufgrund des Freizügigkeitsgrundsatzes innerhalb der EU in der Regel keine gesonderte Aufenthaltsgenehmigung. Dies gilt auch für Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Gleiches gilt für die Arbeitserlaubnis. Somit können Sportler der EU und/oder des EWR ohne eine gesonderte Erlaubnis oder Bescheinigung in Deutschland tätig werden und sind anderen Arbeitnehmern gleichgestellt.

Nicht-EU-Staatsangehörige

Anders ist es, wenn der Sportler nicht aus der EU oder dem EWR stammt, aber trotzdem an einem Turnier in diesen Staaten teilnehmen möchte. Denn diese benötigen grundsätzlich sowohl Aufenthaltsbescheinigung als auch Arbeitserlaubnis, wenn sie bspw. in Deutschland arbeiten möchten, was der Teilnahme an einem Turnier mit Preisgeldern gleichkommt. Die Aufenthaltsgenehmigung entspricht nach § 7 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz einem befristeten Aufenthaltstitel, der es dem ausländischen Sportler ermöglicht, für eine bestimmte Zeit den Beruf des Sportlers auszuüben. Dazu muss der Sportler nach § 22 Beschäftigungsverordnung aber über 16 Jahre alt und in einem deutschen Sportverein tätig sein sowie ein normales Arbeitsentgelt seines Arbeitgebers (Sportverein oder -verband) beziehen. Zudem muss der zuständige Verband die sportliche Qualifikation als Berufssportler („Lizenzspieler“) bestätigen. Die Befristung des Titels kann bei entsprechend vorliegenden Gründen verlängert werden.
Konträr zur Aufenthaltsbescheinigung wird für Sportler aus Nicht-EU-Staaten keine Arbeitserlaubnis erforderlich. Die Tätigkeit des Berufssportlers fällt nämlich unter Rücksichtnahme derselben Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung unter die sogenannte arbeitsgenehmigungsfreie Beschäftigung. Diese ist in § 30 Beschäftigungsverordnung geregelt und suggeriert eine Nichtbeschäftigung für besondere Tätigkeitsgruppen, wie z.B. den Berufssportlern, wenn diese nur über einen kurzen Zeitraum tätig werden (maximal 90 Tage innerhalb von 12 Monaten). Demnach fällt ein Berufssportler aus einem Drittland, der nur kurzzeitig für z.B. eine Fußball-Weltmeisterschaft 30 Tage in Deutschland ist, nicht unter den Begriff des Beschäftigten. Gleiches gilt im Übrigen auch für sportliche Funktionäre, die im unmittelbaren Verhältnis zum Sportler oder einer Mannschaft stehen (z.B. Trainer, Physios etc.).

Sonderfall E-Sports

Nimmt man den CS:GO Spieler Keith "NAF" Markovic (CAN) oder den Dota 2 Spieler Amer „Miracle-„ al-Barkawi (JOR) von Team Liquid, stellt sich die Frage, ob o.g. Kriterien der Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis für Nicht-EU-Bürger auch für E-Sport-Profis, die an Großveranstaltungen wie der ESL ONE in Köln oder Hamburg teilnehmen, gelten.
Anders als in den USA oder China gilt E-Sports in Deutschland laut dem Deutschen Olympischen Sportbund immer noch nicht als eigene Sportart. Dies wurde mit Hinweis auf die fehlende eigenmotorische Aktivität einer Sportart bisher verweigert .
Demnach greifen die Regelungen der Beschäftigungsverordnung sowie des Aufenthaltsgesetzes (noch) nicht, was wiederum bedeuten würde, dass ein E-Sportler aus einem Drittstaat auch ganz normal wie jeder andere Nicht-EU-Bürger, der hier in Deutschland einer Beschäftigung nachgehen möchte, sowohl Aufenthaltsbescheinigung als auch Arbeitserlaubnis für Turniere einholen müsste. Geschieht dies nicht und der E-Sportler reist nur mit einem normalen Touristenvisum ein, um an einem Turnier teilzunehmen, geht er mitunter große strafrechtliche Risiken ein, da diese Teilnahme mit einer Arbeitsbeschäftigung gleichzusetzen ist.
Oder sollte man etwa doch einfach die geplante Erwerbstätigkeit bei der Einreise verschweigen? Anlass dazu könnte ein politisches Umdenken der aktuellen Koalition sein. Im Koalitionsvertrag 2018 heißt es wortwörtlich: „(…) Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen. (…)“
Dieser Gedanke suggeriert, dass es der aktuellen Koalition ein Anliegen ist, zeitnah E-Sports als Sport anzuerkennen. Im Streitfall könnte man also argumentieren, dass E-Sports mit dem Sportbegriff doch gleichzusetzen und deshalb eine Arbeitserlaubnis nicht notwendig sei. Doch wie wir wissen, wird nicht jeder Vorsatz zu 100% von der Bundesregierung umgesetzt. Gegen eine Umsetzung sprächen sicherlich die lauten Stimmen vieler Skeptiker. Dazu zählt auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der trotz Zugeständnissen 2017, sich dem Thema E-Sports endlich zu öffnen und eine Arbeitsgruppe einzurichten, mittlerweile auf der Mitgliederversammlung Ende 2018 abermals verdeutlicht hat, dass er für E-Sports "keine eigenständigen" Abteilungen in Vereinen und Mitgliedsorganisationen sehe, da diese „dem anerkannten Wertekanon des DOSB-Sportsystems nicht entsprechen“. Dabei unterscheidet der DOSB in E-Gaming (= fiktive E-Sports-Titel wie „Dota 2“) und elektronische Sportartensimulationen (virtuelle Sportarten wie FIFA 2018) und zielt seine Aussagen nur auf das E-Gaming ab. FIFA-E-Sports-Lizenzabteilungen in Fußballvereinen sind somit nicht betroffen. Der DOSB begründet seine Entscheidung damit, dass E-Sports-Titel ohne Sportartensimulation ausschließlich "kommerziellen Verwertungsinteressen" folgen und der Schritt zur Anerkennung als Sportart eine "Verwässerung des Sportbegriffs" darstellen würde.
Ob ihr persönlich dieser Argumentation folgt, überlasse ich euch. Es dürfte aber keinen Zweifel darüber geben, dass E-Sportler auch körperlich (koordinativ) und geistig (konzentrativ) an Berufssportler heranragen. Vergleicht man E-Sports mit anerkannten Sportarten wie Bogenschießen, Schach oder Minigolf, so lassen sich sehr viele Parallelen erkennen. Zudem wird durch den E-Sports, sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt, die zwischenmenschliche Kompetenz entwickelt und sich nach bestimmten Regeln („Fairplay-Gedanken“) gehalten.
Zu dieser Ansicht hat sich der DOSB wohl auch nicht vom im November 2017 gegründeten E-Sport-Bund Deutschland (ESBD) abhalten lassen. Dieser kritisiert den DOSB für seine Haltung stark.

Fazit

EU-Bürger genießen stets die Arbeitnehmerfreizügigkeit und können ohne Weiteres an Turnieren in anderen EU-Staaten teilnehmen. Wollen ausländische Berufssportler aus Nicht-EU-Staaten an Turnieren in Deutschland teilnehmen, benötigen sie eine Aufenthaltsgenehmigung, aber keine Arbeitserlaubnis, wenn sie dort nicht länger als 90 Tage im Jahr tätig sind.
Aktuell müssen ausländische E-Sportler aus Nicht-EU-Staaten aber weiterhin sowohl eine Aufenthaltsgenehmigung als auch eine Arbeitserlaubnis beantragen, da sie nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der besonderen Berufsgruppe „Berufssportler“ nach § 22 Nr. 4 Beschäftigungsverordnung erfüllen und die Nichtbeschäftigungsfiktion somit nicht greift.
Immerhin das Auswärtige Amt ist schon einen Schritt weiter und hat Ende 2018 in einer Pressemitteilung eine Verwaltungsanweisung angekündigt, die es ausländischen E-Sportlern aus Nicht-EU-Staaten erlauben soll, in einem vereinfachten Verfahren auch kurzzeitig eine Genehmigung für die Teilnahme an Turnieren in Deutschland zu erhalten, die die Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ersetzt. Noch gilt dies aber nur für einzelne Turniere und keinen längerfristigen Ligabetrieb.
Fun Fact: Auch als ehemaliger E-Sports-Profi, wie Henrik „AdmiralBulldog“ Ahnberg, sollte man sich für Broadcast- und Pressetätigkeiten rechtzeitig um ein Visum kümmern – andernfalls bleibt einem die Teilnahme an einer Großveranstaltung verwehrt.


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