by msk
Dieser Beitrag knüpft eigentlich nahtlos an meinen vorherigen Beitrag zu Produktplatzierungen auf Twitch an, da es prinzipiell keinen Unterschied macht, auf welchem Portal "Werbung" gezeigt wird. Die Schnittmengen von Streamern und z.B. Instagram-Influencern sind die gleichen. Deshalb gibt es hier ein kurzes rechtsaktuelles (Stand Februar 2020) Update.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 13.02.2020 eine Pressemitteilung erlassen, wie man künftig versuchen möchte, das Thema „Kennzeichnungspflicht in sozialen Medien“ für jedermann - egal ob Influencer oder Consumer - verständlicher und rechtsklarer aufzubereiten. Demnach sollen Äußerungen (Posts, Stories etc.) auf sozialen Medien zu Produkten (durch Tags), die ohne Gegenleistung durch den Produktehersteller erfolgen und vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen, keinen kommerziellen Zweck verfolgen und daher von den Influencern auch nicht gekennzeichnet werden müssen. Dem BMJV zufolge nach muss also nicht jeder Post, Blogbeitrag oder jede Story zu einem Produkt zwangsläufig Werbung sein.
Diverse Gerichte haben in den vergangenen 1-2 Jahren noch grundverschieden entschieden, ob auch dann ein Verstoß gegen § 5a Absatz 6 UWG vorliegt, wenn unentgeltlich getätigte Empfehlungen von Produkten und Dienstleistungen abgegeben
werden bzw. sie überhaupt eine geschäftliche Handlung mit kommerziellem Charakter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellen.
Das LG Karlsruhe (Urteil vom 21.03.2019, Az. 13 O 38/18) hatte
z.B. im Fall von Pamela Reif entschieden, dass ein Instagram-Post, bei dem sie in ihr gepostetes Foto eingebettete Tags mit Marken-Herstellerseiten verlinkt habe, eine geschäftliche Handlung im
Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Durch
diese fördere sie die beworbenen Unternehmen ebenso wie ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten. In die gleiche Kerbe schlugen das OLG Frankfurt (Urteil vom 23.10.2019, Az. 6 W 68/19) und
zu Teilen auch das KG Berlin (Urteil vom 08.01.2019, Az. 5 U 83/18).
Hingegen hat das LG München I (Urteil vom 29.4.2019, Az. 4 HK O
14312/18) im Fall von Cathy Hummels geurteilt, dass Posts, obwohl sie darin Produkte gekennzeichnet und mit den entsprechenden Online-Auftritten der Produkthersteller verlinkt habe und dies somit
eine geschäftliche Handlungen im Sinne vom § 2 Abs. 1
Nr. 1 UWG darstellt, jedoch dann kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG ist, wenn sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung unmittelbar aus den Umständen ergibt. Das LG nahm an,
dass bei ca. 500.000 Abonnenten (und dem blauen Haken für offizielle Accounts bei Instagram) für den Verbraucher klar sein sollte, dass sie ihre Posts nicht nur aus rein privatem Interessen
verfasse, sondern damit auch Geld verdienen möchte.
Noch aktuellere Urteile sind ebenso nicht einheitlich. Eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH gab es bislang nicht. Dies führt u.a. auch dazu, dass viele Influencer aus Sicherheit einfach
alle sichtbaren Produkte in ihren Posts als Werbung markieren, sodass dem Verbraucher im Endeffekt oftmals auch nicht geholfen ist, da er kaum noch weiß, wann es sich um bezahlte
kennzeichnungspflichtige Werbung handelt und wann eben nicht. Dem Sinn und Zweck der hinter der gesetzlichen Kennzeichnungspflicht stehenden Gedanken kann dies wahrlich nicht entsprechen. Dass
Influencer die Kennzeichnungen präzisieren und etwa darauf abstellen, das Produkt selbst gekauft und dafür keine Gegenleistung erhalten zu haben, kommt in der Praxis nur sehr selten vor.
Transparenz sieht wohl anders.
Diese unterschiedliche Behandlung möchte das BMJV nun eindämmen und für mehr Transparenz sorgen. Back to the roots der eigentlichen Kernabsicht der Kennzeichnungspflicht. Demnach soll der § 5a
Absatz 6 UWG wie folgt ergänzt werden: „Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient
und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.“
Das BMJV verspricht sich davon eine Klarstellung für alle Beteiligten und gleichermaßen eine Angleichung an andere innereuropäische Rechtspraktiken. Zudem wird die Behandlung von Werbung dadurch
mehr und mehr an klassische Printmedien angeglichen. Steht die Information also auch in Sozialen Medien im Vordergrund, soll das UWG keine Anwendung finden. Offensichtliche stark werbliche
Aussagen, wie etwa übertriebenes Lob, sollen allerdings auch weiterhin unlauter sein.
Dabei warten allerdings Probleme auf EU-Ebene auf. Denn die aktuelle Version des UWG beinhaltet die rechtskonforme Umsetzung der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG), die wiederum die o.g. Regelungen nicht explizit vorsieht und somit den Handlungsraum des
deutschen Gesetzgebers einschränkt. Das BMJV hat daher angekündigt, eng mit der Europäischen Kommission bei einem möglichen Gesetzentwurf zusammenzuarbeiten.
Insgesamt sind die Änderungsvorhaben zu begrüßen. Dies dürften alle Beteiligten wohl auch so sehen. Zudem werden Print und Soziale Medien weiterhin angeglichen. Demnach könnten
Über-Kennzeichnungen, die den Verbraucher mehr verwirren als nutzen, bald der Vergangenheit angehören. Bis ein finaler Regelungsvorschlag aber in die Tat umgesetzt werden kann, könnte unter
Umständen noch andauern. Nicht zuletzt, weil auch der europäische Gesetzgeber ein Wörtchen mitzureden hat.